Was haben Menschen und Pflanzen gemeinsam? Teil 1 - Das Schneiden
von Martin Weik
Menschen und Pflanzen, insbesondere Bäume, haben vieles gemeinsam. Sie sind Lebewesen. Sie haben eine Geschichte. Wir können die "Struktur" bei Beiden nicht komplett neu aufbauen oder verändern. Wenn wir es doch versuchen, entstehen bei Beiden große Verletzungen und Schäden.
In diesem Artikel geht es um ein paar Grundregeln beim Schneiden von Gehölzen. Gerade jetzt in der Vegetationsruhe sind Rückschnitte empfehlenswert. Hier sind ein paar kompakte Tipps für Dich.
Über die Dicke der abzusägenden Äste
Immer wieder begegne ich Menschen, die in ihre Obstbäume sehr stark eingreifen wollen. Lange wurden die Bäume nicht gepflegt. Nun meinen sie, man könne die Struktur neu aufbauen. Aber zu groß sollten die Verletzungen bei Bäumen nicht werden.
Eine ganz klare Regel zur Dicke von Ästen, die man noch abschneiden kann, gibt es nicht. Es gibt zwar wenige Baumarten, die mit größeren Schnitten (bis 10 cm Durchmesser) zurechtkommen. Und es gibt im Baum unterschiedliche Bereiche, wo die Wuchskraft größere oder kleinere Wunden zulässt. Jedoch als Faustregel für das Schneiden von Ästen kann man maximal 5-6 cm Durchmesser annehmen, die die allermeisten Bäume wieder überwallen und sich somit selbst schützen können – das entspricht etwa der Dicke des Handgelenks. Das ist nicht viel.
Es gibt leider immer noch zu Viele, die Bäume kappen. Das ist fachlich falsch und schadet dem Baum langfristig. Das Absterben des Baumes wird leider selten mit der Kappung in Verbindung gebracht, weil es ein sehr langfristiger Prozess ist, bis der Pilz und die Faulprozesse den Baum von Innen heraus so ausgehöhlt haben, dass man es von außen bemerkt. Den Rest erledigt dann vielleicht der Sturm.
Jedoch bei regelmäßiger Kontrolle und einer fachgerechten Jungbaumerziehung ist die jährliche Pflege sehr kurz und man hat lange Freude an den Pflanzen. Übrigens: Man kann auch lang vergessene Bäume trotzdem erhalten und pflegen, wenn auch nicht alles rückgängig machen.
Es gibt eine einfache Regel, was das Schneiden betrifft.
Man schaut die Pflanze an, wie sie ihrer Art entsprechend wächst. Und dann schneidet man 1. Totes, 2. Krankes, 3. nach innen Wachsendes und 4. Schwachwachsendes raus. In dieser Reihenfolge.
- Tote Äste werden rausgeschnitten, damit man leichter die lebenden Äste sieht und die lebende Grund-Struktur erkennt.
- Krankes wird rausgeschnitten, damit Gesundes nicht angesteckt wird.
- Nach innen Wachsendes zerstört die Grund-Struktur und mögliche Reibungsstellen würden entstehen, an denen Pilze und Krankheiten die Pflanze befallen können.
- Schwachwachsendes verbraucht unnötige „Wachstums-Energie“. Wurde es rausgeschnitten, kann diese Energie besser eingesetzt werden. Dies betrifft vor allem Jungpflanzen. Man sollte es aber nicht übertreiben.
Beim Menschen ist es auch so, denke ich.
Manchmal werden uns zu große physische und seelische Wunden zugefügt. Sehr große Einschnitte in unserem Leben. Verletzungen, durch andere Menschen, durch Ereignisse und Katastrophen, durch Verlust, Kriege oder Missbrauch. Manches kann durch Gespräche und Therapien heilen, bei manchem bleiben große Narben, manches mag vielleicht nie heilen.
Und dann gibt es aber auch die alltäglichen Herausforderungen im Leben. Totes, Krankes, nach innen Wachsendes und Schwachwachsendes müssen raus.
- Totes: Das sind Dinge in unserem Leben, die nicht gut für uns sind. Bereiche in unserem Leben sind vielleicht tot. Wir tun Dinge, die nicht das Leben fördern. Sprechen Worte, die andere richten. Oder wir richten uns selbst.
- Krankes zerstört uns langfristig. Es mag zwar irgendwie gehen und man kann damit leben – aber so war es ursprünglich nicht gedacht.
- Unter nach innen Wachsendem verstehe ich Dinge, wo wir uns verirren, es aber selbst nicht merken. Es mag für uns ein „starker, gesunder Ast“ sein, der uns aber langfristig nicht guttut. Das steht für mich für Dinge in unserem Leben, wo wir komplett in die falsche Richtung gelaufen sind, uns verirrt haben.
- Schwachwachsendes: Das sind Dinge, die uns Kraft rauben, zu wenig Energie und Früchte bringen. Es ist schön, Neues auszuprobieren und andere Bereiche zu erschließen. Manche davon sind sehr gut. Andere rauben zu viel Kraft. Vielleicht wollen wir zu viel in unserem Leben, oder gewisse Bereiche werden von anderem überschattet. Vielleicht ist es Zeit, etwas loszulassen.
Die Bibel gebraucht genau diese Bilder.
Darin ist Gott der Gärtner, wir Menschen sind in diesen Bildern die Pflanzen, z.B. Weinreben am Weinstock oder Feigenbäume.
Schneiden kann wehtun. Es schmerzt manchmal, wenn Gott uns „beschneidet“. Aber er tut das nicht aus böser Absicht, sondern weil er uns liebt und weil er etwas sieht, was wir nicht sehen: Unser Herz und seinen Plan. Genauso, wie ein Arzt eine Zyste entfernt und zunächst aufschneiden muss, damit es heilen kann. Gott liebt uns. Bedingungslos. Für mich ist darin die große Hoffnung, dass diese Liebe uns heilt.
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